Altwerden aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet

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Von 14. Mai bis 5. Juni 2025 stand mit der Wanderausstellung „Wie geht‘, Alter?“ des architekturforums oö im Leerstand Siebensternehaus am Stadtplatz Steyr das Thema Älterwerden aus unterschiedlichen Blickwinkel im Mittelpunkt.
Konzipiert wurde die erfolgreiche Wanderausstellung „Wie geht’s, Alter?“ vom afo architekturforum oberösterreich. Durch die Kooperation zahlreicher Partner aus der Stadt Steyr und der Region konnte sie im Rahmen der Open Studios Steyr in das Stadtzentrum von Steyr geholt werden. Gemeinsam erstellte das Netzwerk, das die Leader-Regionen Traunviertler Alpenvorland und Nationalpark Kalkalpen, die Zukunftsregion Steyr, das Regionalmanagement OÖ und die Creative Region Upper Austria & Linz umfasst, mit Unterstützung des Landes Oberösterreich, der Stadt Steyr und des Siebensternehaus ein umfangreiches Rahmenprogramm.

Die Ausstellung setzt sich mit den Herausforderungen des Älterwerdens im Kontext von Leben, Wohnen und Bauen auseinander und beleuchtet folgende Themen:

  • Alle wollen alt werden, niemand will alt sein
  • Wie wollen wir in Zukunft leben, wohnen und bauen?
  • Gesunde Ortskerne können „magnetische“ Anziehungskraft erreichen!
  • Der demografische Wandel stellt unser System vor Herausforderungen

 

Wanderausstellung

Anstoß des afo, dieses Thema zu behandeln, ist der Fakt, dass Österreicher:innen mit durchschnittlich 75 Jahren sehr spät das erste Mal daran denken, wie sie daheim alt werden möchten bzw. wie ihr Leben im Alter aussehen soll. Das afo führte verschiedene Workshops mit Expert:innen durch und konzentrierte sich in der Aufbereitung der Ausstellung auf Ortsentwicklung, Raumplanung & Architektur. Es greift mit 45 Good-Practice-Beispielen alternative Wohnformen auf und stellt damit mögliche Lösungswege sehr fächerübergreifend dar. 

 

Vier Talks - vier Blickwinkel auf Altwerden

In vier Talks wurden mit Expert:innen verschiedene Aspekte des Älterwerdens diskutiert: die Rolle der Politik, die Architektur und Mobiliar, aber auch Aspekte wie die Demenz und die Kommunikation. Dabei konnte insbesondere festgehalten werden, dass durch die unterschiedlichen Formen des Älterwerdens auch die Lösungen unterschiedlich sein müssen. Von politischer Seite gibt es starke Bestrebungen, älterer Menschen zu unterstützen, lange in den eigenen vier Wänden aktiv und mobil bleiben zu können. 

Leerstände können für neue gemeinschaftliche Wohnformen interessant sein wie auch die Nachverdichtung von Einfamilienhäusern, die in den 60/70er Jahren häufig sehr groß gebaut wurden und häufig derzeit nur mit einer Person bewohnt sind. In diesen Fällen sind partizipative Vorgänge essenziell, um nachhaltige Lösungen implementieren zu können. Dazu braucht es auch ein Wegkommen vom Defizit-Denken (Was kann ich nicht mehr machen) hin zum Ressourcen-orientiertem Denken (was kann ich als Ältere/r noch anbieten, wie kann ich mich einbringen). 

Kuratorin Eva Schmolmüller: „Es gibt nicht die eine Lösung fürs Alter – aber viele gute Beispiele, die Mut machen - TeilGABE statt Teilhabe der älteren Menschen“. 

Gezeigt wurden auch erfolgreiche Ansätze aus der Region, etwa barrierefreie Wohnraumanpassungen, die App „Engagieren in Steyr-Land“ oder die Strategie „Betreuungsarchitektur 2040“ des Landes OÖ.

Insgesamt wurden die 6 Führungen und 4 Talks während der Ausstellungszeit von über 400 Interessierten besucht.

 

Kurzzusammenfassung der Talks

Talk 1: Alter und Visionen 

  • Altern ist unterschiedlich, individuell, daher müssen auch Lösungen unterschiedlich sein (Bgm. Markus Vogl)
  • Es braucht Beratungsangebote, die schon früher greifen, z.B. wie kann ich mein Haus altersfit gestalten/umbauen. Ziel: Pilotprojekte zur Serienreife anbieten zu können. Findet am Land OÖ bei Betreuungsarchitektur 2040 statt. Viele Projekte leben vom Ehrenamt, dieses darf nicht überfordert werden (LR Christian Dörfel) 
  • Leerstehende Gebäude im Ortskern als Chance für Wohnen im Alter sehen. „Sorgende Gemeinschaft“ nicht nur mobil anbieten, sondern auch mit Stützpunkten. 
  • Unterschiedliche Lebensabschnitte brauchen unterschiedliche Wohnformen, betrifft nicht nur Ältere, sondern auch Familien. Belebter Ortskern wichtig (BR Bernhard Ruf)
  • Wohnen und Gesundheit hat viel miteinander zu tun. Gerade ältere Menschen sind Begegnungen wichtig! Volkshilfe unterstützt z.B. mit Projekt „Stufe und Schwelle“ ältere Personen, Wohnungen nach ihren Bedürfnissen umzubauen – kleine Maßnahmen, große Wirkung (Michael Schodermayr)
  • Neue App „Engagiert in Steyr Land“ vom Sozialhilfeverband Steyr Land: es können sich Menschen hier melden, um z.B. Ältere in alltäglichen Aufgaben zu unterstützen, wie etwa Rasenmähen oder Regal reparieren. BH unterstützt die Gemeinden bei der Umsetzung von Projekten, fördert die Vernetzung der Player (Barbara Spöck)
  • Weg vom Defizit-Denken (was kann ich nicht mehr machen) hin zum ressourcenorientierten Denken (was kann ich noch anbieten, wie kann ich mit einbringen). Statt Teilhabe – TeilGABE! (Eva Schmolmüller)

Talk 2: Alter und Design

  • Alter kann und soll auch bunt sein – Design nicht nur funktional, sondern auch wohnlich, stützend, bedürfnisorientiert. Leider häufig die Frage funktional ODER schön.
  • Mitbestimmung der Bewohner:innen bei Gestaltung der Wohnungen / Fassaden / Ausstattung ermöglichen und die Betroffenen aktiv einbinden. Dies fördert Wohlbefinden und Akzeptanz der Bewohner:innen! 
  • Beispiel Wohnen mit Service in Kleinzell: auf Wunsch der Bewohner:innen wurde eine Werkstatt für sie errichtet, der Durchgang durch den Hof des Gebäudes ist öffentlich – somit ist auch eine Begegnungszone vorhanden.
  • Gemeinschaftsräume (öffentlich wie auch in gemeinschaftlichen Wohnformen) ermöglichen, damit Ältere länger an der Gesellschaft teilhaben, aktiv bleiben können. 

Talk 3: Alter und Architektur

  • Frage: DIENT das Haus unseren Bedürfnissen oder ist es umgekehrt? Es braucht Wohndiagnose, Analysephase vor dem (Um-)Bau.
  • Einfamilienhäuser der 60er/70er Jahre sind sehr groß gebaut und häufig mit nur einer Person belegt. Wichtig sind daher Projekte, um Nachverdichtung bzw. Mehrgenerationenwohnen zu ermöglichen
  • Leerstand: Partizipationsvorgänge essentiell. Neue Konzepte für gemeinschaftliche öffentliche Räume, nicht nur aus Touristensicht sehen

Talk 4: Alter und Kreative Kommunikation

  • Demenz als zukünftiger Begleiter im Älterwerden. Wichtig: nicht über die Betroffenen, sondern mit ihnen arbeiten und entwickeln. Enttabuisierung des Themas wichtig
  • Wie kann man kommunizieren, wenn Sprache nicht möglich ist? Bildhaft, gemeinsame Bewegungen, mit Atmung und Berührung

Bei den Besucher:innen kam häufig das Leerstandsthema konkret in Steyr zur Sprache wie auch die Bedeutung des Themas „Wie wird man alt“ in der Gesellschaft, welche Formen sind möglich. Die Ausstellung und das Interesse der Besucher:innen zeigt, dass ein Wunsch nach Information, Beratung und Austausch besteht. 

 

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Organisationsteam der Wanderausstellung "Wie geht's, Alter?"