Netzwerk Zukunftsregion Steyr Hightech trifft Versorgungskompetenz – Netzwerk-Stammtisch im Pyhrn-Eisenwurzen Klinikum Steyr
Am Mittwoch, den 26. März 2025, lud das Netzwerk Zukunftsregion Steyr in Kooperation mit dem Pyhrn-Eisenwurzen Klinikum zum zweiten Stammtischabend des Jahres ein. Rund 60 interessierte Gäste folgten der Einladung in das Klinikum, um einen spannenden Einblick in die Abläufe, Innovationen und Herausforderungen eines modernen Gesundheitsbetriebs zu erhalten.
Nach der Begrüßung durch den kaufmännischen Direktor Heinz Kosma ergriff Daniela Zeiner, Leiterin des Netzwerks Zukunftsregion Steyr, das Wort. Sie informierte über aktuelle Entwicklungen im Netzwerk und stellte dabei drei neue Netzwerkpartner:innen vor, die künftig das Netzwerk mit ihrem Know-how bereichern:
- Wolfschütz KG, vertreten durch Julia Wolfschütz,
- polyloq Architektur, vertreten durch Architekt DI Thomas Scheiblauer,
- sowie die qapture GmbH, vertreten durch Strategic Account Manager Dominic Dietl.
Im Anschluss übernahm wieder Direktor Heinz Kosma, der in seinem Vortrag nicht nur Einblicke in die Struktur und Entwicklung des Klinikums gab, sondern auch einen bedeutenden personellen Ausblick präsentierte: Mit Herta Prandstätter wurde die designierte kaufmännische Direktorin vorgestellt, die ab August seine Nachfolge antreten wird.
Spitzenmedizin im Wandel
Direktor Kosma gab einen fundierten Überblick über die Struktur und Zukunft des Pyhrn-Eisenwurzen Klinikums mit den beiden Standorten Steyr und Kirchdorf, die Teil der Oberösterreichischen Gesundheitsholding (OÖG) sind. In den Kliniken der OÖG werden jährlich rund 180.000 stationäre und 1,9 Millionen ambulante Behandlungen durchgeführt – ein gewaltiger logistischer, personeller und finanzieller Kraftakt, über den die Gäste beim Stammtischabend mehr erfuhren.
Die Regionalkliniken der OÖG – das sind Kirchdorf, Steyr, Freistadt, Rohrbach, Schärding, Bad Ischl, Gmunden und Vöcklabruck – halten unter den Krankenhausträgern in Oberösterreich einen Marktanteil von 28,8 %, gemessen an den Belagstagen.
Mit rund 2.600 Mitarbeiter:innen ist das Pyhrn-Eisenwurzen Klinikum Kirchdorf-Steyr nach BMW der zweitgrößte Arbeitgeber in der Region.
An beiden Standorten bestehen eine unfallchirurgische und eine orthopädische Abteilung, weshalb die Prothesen-, Schulter- und Handchirurgie u. a. zu den medizinischen Schwerpunkten im Klinikum zählen. Ergänzend dazu liegen zentrale fachliche Schwerpunkte des Hauses auch in der Onkologie, Alterstraumatologie und Gefäßmedizin.
Ein weiterer Fokus liegt auf der umfassenden tagesklinischen Versorgung – viele Patient:innen kommen morgens zur Behandlung ins Haus und können bereits am selben Tag wieder entlassen werden. Die hohe Qualität der Leistungen wird durch die Zertifizierung nach EN 15224 unterstrichen.
Das Klinikum hebt sich zudem durch zahlreiche Besonderheiten von anderen Einrichtungen ab: Dazu zählen unter anderem eine freiwillige Betriebsfeuerwehr, eine betriebsinterne Kinderbetreuung mit drei Kindergartengruppen und drei Krabbelgruppen – die größte ihrer Art in der Region – sowie eine GMP-zertifizierte Krankenhausapotheke, in der unter anderem onkologische Medikamente und spezielle Augenpräparate individuell aufbereitet werden. Auch eine eigene Inquisitenstation für die medizinische Betreuung von untergebrachten Personen im justiziellen Kontext ist am Standort Steyr eingerichtet.
Die Organisationsstruktur orientiert sich heute zunehmend an interdisziplinären statt rein fachlichen Konzepten – ein Wandel, der der komplexer werdenden Versorgungsrealität Rechnung trägt.
Die Leitung des Klinikums gliedert sich in drei Bereiche: den kaufmännischen Bereich unter der Leitung von Heinz Kosma, den medizinischen Bereich mit Ärztlichem Direktor Dr. Michael Hubich, MBA, sowie die Pflegedirektion unter DGKP Wallpurga Auinger, die mit 31 Stationsleitungen und 3 Ambulanzleitungen für die pflegerische Versorgung verantwortlich zeichnet.
Blick in die Zukunft des Gesundheitswesens
Zum Abschluss seines Vortrags ging Direktor Kosma auf die zentralen Herausforderungen ein, mit denen das Gesundheitswesen in Zukunft konfrontiert ist. Er betonte die Bedeutung einer gezielten und strukturierten Inanspruchnahme der richtigen Versorgungsstufe – beginnend mit dem Besuch beim Hausarzt, über telemedizinische Angebote, ambulante und tagesklinische Versorgung bis hin zur stationären Behandlung. Programme wie das OÖG-Informationsangebot „Wo bin ich richtig?“ sollen hier Orientierung schaffen.
Zudem verwies Kosma auf die notwendige Anpassung des Leistungsangebots an die demografische Entwicklung, den Ausbau von Primärversorgungszentren sowie die Entwicklung neuer Versorgungsmodelle für betagte Menschen. Fehlbelegungen in stationären Bereichen – insbesondere durch pflegebedürftige Personen ohne adäquate Alternative – seien nicht nur ineffizient, sondern auch kostenintensiv.
Weitere Herausforderungen sieht Kosma im zunehmenden Anspruchsdenken von Patient:innen sowie im Mangel an medizinischem Fachpersonal, insbesondere in den Bereichen Pflege und ärztlicher Dienst.
Digitale Infrastruktur mit Verantwortung
Michael Koppenberger, Chief Medical Information Officer im Bereich Medizininformatik und Informationstechnologie (MIT) der OÖ Gesundheitsholding, gewährte spannende Einblicke in die digitale Infrastruktur, auf der der Klinikalltag basiert. Die OÖ Gesundheitsholding beschäftigt rund 16.000 Personen – eine leistungsfähige IT-Infrastruktur ist daher essenziell für den reibungslosen Betrieb an allen Standorten. Mehr als 300 IT-Fachkräfte sorgen dafür, dass Systeme wie Patientenaufnahme, Bildgebung (PACS), Operationsplanung oder digitale Dokumentation rund um die Uhr stabil, performant und sicher laufen.
Ein besonderes Augenmerk liegt auf der IT-Sicherheit: „Die Awareness der Mitarbeiter:innen ist ein wichtiger Punkt“, betonte Koppenberger. „Dahingehend versuchen wir die Mitarbeiter:innen auf Risiken zu sensibilisieren: Es hilft die beste IT-Security nichts, wenn die Mitarbeiter:innen willkürlich Mails aufrufen und Schadsoftware ins System bringen.“ Auch mit gezielter Netzsegmentierung werde verhindert, dass sich Angriffe im gesamten System ausbreiten können. „Es vergeht keine Woche, in der nicht irgendwo in Europa ein Krankenhaus durch Hackerangriffe beeinträchtigt wird.“ so Koppenberger.
Ein Blick in die Zukunft zeigte, dass Cloudtechnologien, Künstliche Intelligenz und Telemedizin neue Chancen eröffnen – zugleich jedoch komplexe ethische, rechtliche und technische Fragestellungen mit sich bringen.
Medizinrobotik für die Präzision von morgen
Primar Christian Peither, Leiter der Abteilung für Urologie, präsentierte eindrucksvoll die Potenziale moderner Operationsrobotik – wie dem „Da Vinci“-System, das seit kurzem in Steyr im Einsatz ist.
Christian Peither, Leiter der Urologie:
„Warum setzen wir auf Technik? Weil sie unsere Diagnostik und Therapie deutlich verbessert, das Trauma für Patient:innen reduziert und die Regenerationszeit verkürzt – viele können früher nach Hause entlassen werden. Der Robotereinsatz bringt nicht nur Vorteile für die Patient:innen, sondern bedeute auch eine enorme körperliche Entlastung für die Chirurg:innen – zwei sehr komplexe Eingriffe an einem Tag gleich hintereinander sind dadurch auch in der Routine möglich. Gleichzeitig erweitert die Technologie unser Spektrum: Wir können heute Operationen durchführen, die mit konventionellen Verfahren gar nicht möglich gewesen wären.“
Dabei gibt es auch Einschränkungen: „Es gibt keine Haptik – kein taktiles Feedback, aber das Gehirn lernt schnell den Zug und Druck am Gewebe einzuschätzen – man sieht das und tastet quasi mit dem Hirn. Durch das Sehen und das Vertrauen auf die Technik funktioniert es sehr gut.“
In einem kurzen Ausflug in die Geschichte der Chirurgie zeigte Peither auf, wie rasant sich operative Methoden in den vergangenen Jahrzehnten weiterentwickelt haben – von der Steinschnittlage bis hin zur minimalinvasiven Robotik. Er empfahl den Gästen zur Vertiefung die Lektüre des Klassikers „Das Jahrhundert der Chirurgen“ von Jürgen Thorwald.
Peither gab auch Einblicke in weitere moderne Zusatztechnologien, die bald Teil des chirurgischen Alltags werden könnten – darunter etwa die Firefly-Technologie. Dabei wird ein spezielles Medikament vor dem Eingriff gespritzt, das im Körper fluoresziert. Mithilfe dieser Markierung lässt sich während der Operation präzise verfolgen, in welche Gewebestrukturen das Medikament gelangt – eine entscheidende Hilfe etwa bei Teilentfernungen, um gesundes Gewebe zu schonen, präzise zu arbeiten und auch mögliche Blutungsareale frühzeitig zu identifizieren.
Seit März 2025 steht in Steyr außerdem ein 3D-Visualisierungsmodul (3D-VM) zur Verfügung: Auf Basis von Patientendaten wird ein virtuelles OP-Modell erstellt, an dem im Vorfeld geplant und simuliert werden kann.
Derzeit ist das robotische System in drei Fachabteilungen im Einsatz: Chirurgie, Urologie und Gynäkologie. Doch die Reise geht weiter: In Zukunft könnte auch die Single-Port-Chirurgie ein Thema werden – dabei werden alle Instrumente über eine einzige, etwas größere Kanüle eingeführt. Diese besonders schonende Methode soll postoperatives Trauma weiter reduzieren – mit dem Ziel, Patient:innen nicht mehr nach einer Woche, sondern bereits nach einem Tag wieder nach Hause entlassen zu können.
Als weitere Entwicklungen nennt Peither den Einsatz von Augmented Reality im OP, sowie digitale KI-Assistenten, die chirurgisches Fachpersonal durch intelligente Situationsanalysen auf Basis von Echtzeitdaten unterstützen sollen.
Gemeinsamer Austausch im Netzwerk
Im Anschluss an die Fachimpulse stand der persönliche Austausch im Fokus. Bei Imbiss und Gesprächen nutzten viele Teilnehmer:innen die Gelegenheit zur Vernetzung und zum fachlichen Diskurs.
Daniela Zeiner, Netzwerk Zukunftsregion Steyr:
„Der Abend hat eindrucksvoll gezeigt, wie stark der Gesundheitsbereich in der Region aufgestellt ist – sowohl technologisch als auch menschlich. Es braucht genau diese Offenheit und Vernetzung zwischen Institutionen, Fachkräften und der interessierten Öffentlichkeit, um den großen Herausforderungen unserer Zeit gemeinsam zu begegnen. Besonders beeindruckend waren die spannenden Möglichkeiten der Medizintechnik sowie die innovativen Zukunftsausblicke, die heute präsentiert wurden – sie zeigen, wohin sich moderne Gesundheitsversorgung entwickeln kann.“
